Wie kann Interkonnektivität auf der Bühne dargestellt werden? Braucht es diesen Begriff, wenn sich nur zwei Körper vernetzen? Oder vernetzen sich diese beiden Körper mit allen möglichen Systemen, die sie in und mit ihren Diskursen und Bewegungen bearbeiten? Wie zeigt sich dann ein Diskurs über Interkonnektivität auf der Haut zweier sich berührender Körper? In der Aufführung mit dem Titel „shapeshifter“ betonen Friederike Wagner und Cosima Dudel zu Beginn fließende Formen, die sich frei von Absprachen ereignen. Dennoch gelingen ihre Interaktionen auf ästhetisch anmutende Weise in dem Sinne, dass die beiden aneinander lehnenden Körper sich gegenseitig spüren und sensitiv Kontakt zueinander aufnehmen. Ihre feinfühlige Art kommt darin zum Ausdruck, dass sie gleich einem Korallenriff sich nicht fortbewegen, aber sich dennoch, so als würden sie von einer zarten Meeresströmung erfasst, an einem Ort stehend bewegen. Ein Vergleich mit den wirbellosen Korallen ermöglicht hier, die Bewegungen der beiden Tänzer*innen beschreibbar zu machen, um damit ihr vorsichtiges Empfinden gegenüber der sich stetig veränderten Körperposition der Anderen auszudrücken. Dicht aneinander gelehnt scheinen sie wellenartig nuanciert in kleinsten Bewegungen Veränderungen wahrzunehmen und auszugleichen. Das ist die gemeinsame Welle, mit der sie „eine sich stetig verwandelte realität“, so der Inhalt auf dem Programmzettel, ausloten. Dabei scheint es, als sei die Eine das Rückgrat der Anderen. Äußerst differenziert und zaghaft zugleich lösen sie sich voneinander. Auch wenn sie das voneinander Gehalten-Worden-Sein verlassen, kommt keine Schwere auf. Nebeneinander im Raum stehend, dehnen sich ihre Arme im Raum aus. Es sind Schwünge, die sich zum einen wie in Watte gehüllt vollziehen und zum anderen gleichzeitig zwischen Gleichklang und Mehrstimmigkeit schwanken. Vielleicht loten sie damit ihre Identitäten und Abhängigkeiten aus. Vielleicht finden sie damit heraus, ob es leichter ist, sich gemeinsam zu bewegen als allein.
Blitzartig wechseln sie in ein Kollektiv, das in dunkler Umgebung nur noch abgehackte Bewegungen im Licht eines Stroboskops zeigt. Ihr pulsierender Groove lässt noch einmal aufblitzen, welche kinästhetischen Empfindungen möglich sind. Es sind die unterschiedlichen Dynamiken und Abhängigkeiten, die sie in ihrer Aufführung herausgelöst haben: Die Momente der Feinsinnigkeit füreinander, die Augenblicke nach der Suche einer scheinbaren Authentizität und die Zeitpunkte, in denen singuläre Bewegungen gleichzeitig aufblitzen. In „shapeshifter“ mäandern die beiden Tänzer*innen zwischen einem Zusammensein und einer Vielstimmigkeit, um sich stetig wandelnd unterschiedlich zu verbinden.