Mit „OneBodyOrchestra“ prägt Eva Felicitas Krause ein frisches Verständnis einer zeitgenössischen Alleinunterhalterin. Scheint der Körper zu Beginn unbemerkt ein Eigenleben zu entwickeln, folgt sie dem unermüdlichen Drang nach choreographischer Komposition und fungiert dabei als souveräne Dirigentin eines ganzen Symphonie-Orchesters.
Die Kraus´sche Komposition läuft anders als übliche Choreographien niemals Gefahr Bewegungen zu produzieren die einen Sinn stiften wollen oder sich sogar in ihrer Selbstreferenzialität verlieren könnten. Vielmehr folgt der Körper wie einem spielerischen Experiment, einzelne Geräusche zu erkunden, die irgendwann zu Tönen werden und bei voller Ausschöpfung der Klangmöglichkeiten ganze Symphonien kreieren. Leichtfüßig bewegt sich Krause durch schwierigste Tonartwechsel, entwickelt eine musikalische Wucht, ersetzt eben einmal eine komplette Samba-Gruppe und zwinkert bei einem Mund-Klopf-Solo nebenbei noch frech ins Publikum, ohne dabei disharmonisch zu werden. Läuft das Spektakel einmal Gefahr an Intensität zu verlieren, bietet sie rechtzeitig neue Farben an, wechselt von Dur zu Moll, von pantomimischer Erzählung zur reinen Unterhaltungskunst.
Bemerkenswert ist Krauses Sinn für Timing, sowohl innerhalb ihrer Musik als auch im Kontakt mit ihren Zuschauer*innen. Immer wieder setzt sie ein neues Motiv an, baut es Stück für Stück auf, damit diesem Prinzip auch ein unmusikalisches Publikum folgen kann. Ist dann ein Rhythmus etabliert und in die Körper der Zuhörer*innen übergangen, bringt sie die musikalischen Bewegungen in den Raum, setzt die Rhythmen, durch Stolpern über unsichtbare Hindernisse im bestem Stummfilm-Humor, tückischen Störfaktoren aus. Sobald sie die etablierten Hindernisse umgeht, die entstandenen musikalischen Lücken wieder gefüllt werden, der ursprüngliche Rhythmus wieder Sinn ergibt, lächelt man sich im Publikum, wieder im Gleichklang vereint, erleichtert zu. Krause entwickelt eine Präsenz, sodass man jede noch so kleine Geste nicht verpasst. Wie man im Sprechtheater an jemandes Lippen hängen kann, hängt man in diesem Fall an der kompletten Aura fest.
Am Ende mimt sie Musiker*innen die durch die Bewegungen während des Spielens regelrecht mit ihren Instrumenten verschmelzen, nimmt dabei immer mehr Töne heraus, doch die Bewegung bleibt. Der Körper fühlt der stillgewordenen Musik nach, imaginiert sie, hält sie lebendig. Sie war da, oder? Der kurzweilige Abend wird zu liebevollen Einladung den eigenen Klangkörper erforschen zu wollen. Eine Komposition die den Spagat schaffen könnte, einerseits wegen ihres Unterhaltungsfaktors auf einem Kindergeburtstag und andererseits wegen ihrer Virtuosität auch in großen Opernhäusern gefeiert zu werden.