Mara Hache und Jana Burianova berühren sich in ihrem Stück „The ways She plays”, um Grenzziehungen neu zu verhandeln. Im Kontext der Kontaktimprovisation spielen sie stets mit Berührungspunkten, Gewichtsverlagerungen, Schwerkraft, Impuls und Dynamik. Rücksichtsvoll und rücksichtslos zugleich greifen sie die Impulse der jeweils anderen auf, um feinfühlig oder feindselig zu agieren oder zu reagieren. Die wechselnden Kontaktpunkte verweisen dabei auf die wechselnden Machtverhältnisse. Wer liegt oben, wer unten? Wer wird an den Haaren gezogen, wer zieht an den Haaren? „Human and non-human play“, so nennen sie im Programmzettel selbst ihre Art und Weise des miteinander Spielens, lässt sehr wohl an menschliches Miteinander und an tierische Verhaltensweisen erinnern, wobei es hierbei schwerfällt, eine eindeutige Grenzziehung vorzunehmen und eine eindeutige Zuschreibung hier nicht vorgenommen werden soll. Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung ist das Spiel. Das Sich-Bewegen und das Bewegt-Werden zeigt sich in unterschiedlichem Ausmaß: Von zärtlich ineinander verflochtenen Körpern über aggressiv sich abstoßenden Körpern bis hin zu miteinander kämpfenden Körpern. Gewicht wird abgegeben oder übertragen. Dabei werden die rot- und blaufarbenen Kleider zerschlissen und zerknittert. Die Kleider zeigen sich dabei als materieller Widerstand zwischen der Bewegung und dem, was die Bewegung imaginiert – auch wenn sie den Bewegungen nicht standhalten können. Denn oft steht das choreografische Verhalten im Kontrast zum Kostüm – gerade dann, wenn im Sinne einer heteronormativen Lesart weiblich gelesene Körper und als weiblich gelesene Kleidungsstücke in Szenen körperlich geprägter Gewalt und Gewalt imaginierenden Auseinandersetzungen zu sehen sind. Doch oft genug steht das improvisiert tänzerische Verhalten auch in Konvergenz zum Kostüm – gerade dann, wenn im Sinne einer prozessorientierten Lesart, mittels körperlicher Verausgabung Zuschreibungen aufgebrochen werden. Die beiden Körper, die sich dermaßen verausgaben und die beiden Kleider, die am Ende derart abgerockt sind, zeugen dann von einem Nachdenken über das Miteinander.
Doch nicht nur die Kanten des Stoffs wetzen sich während der Aufführung ab, sondern auch das frisierte Haar, verliert während der Zeit auf der Bühne seine gestaltete Form. Genauer gesagt dann, wenn sich die beiden bei einer der Aufführungen die Haare raufen, um späterhin am Bühnenrand sitzend, eine der anderen zärtlich ihre Haare aus dem Gummiband befreit. Darin zeigt sich, wie die Momente, die Mara Hache und Jana Burianova aufleben lassen, sichtbare Veränderungen erzeugen. Dabei ist es nicht nur der enorme Bewegungsraum mit dem Körper, dem Kleid und dem Haar, sondern auch die Ausdehnung dessen, was an jedem Aufführungsabend geschieht. Nämlich, dass kein Abend dem anderen gleicht, dass keine Berührung wiederholt werden kann und dass eine Performance erfahren werden muss. Die Ereignisse, welche die Tänzer*innen an jedem Abend neu erzeugen, berühren in Momenten, wenn man mit ihnen erlebt, welche Bewegungen und Berührungen Grenzziehungen hervorbringen und aufheben können.